Das Stadtbad Lichtenberg, das auch liebevoll “ Hupe “ genannt wird ist bereits seit 1990/1991 wegen fehlender finanzieller Mittel und entsprechenden Baumängeln geschlossen.
Ich schreibe diesen Artikel, weil ich von 1963 an in diesem Schwimmbad schwimmen gelernt habe und in den darauf folgenden Jahren bis 1974 einer Betriebssportgemeinschaft angehörte.
Im Prinzip habe ich den Großteil meiner kindlichen Freizeit mit ca. 3mal Training in der Woche in diesem Schwimmbad verbracht. Dazu kamen noch diverse Wettkämpfe an den verschiedenen Wochenenden.
Da man sich im jugendlichen Alter nicht sonderlich für Architektur und Geschichte interessiert, hat man auch nicht über die geschichtliche Bedeutung dieses Schwimmbades Bescheid gewusst.
Für uns als Kinder bzw. Jugendliche hatte dieses Bad aber auch immer eine besondere Ausstrahlung gehabt, denn die Atmosphäre aus Chlorgeruch mit einer gewissen Luftfeuchtigkeit und der fast vollständig gefliesten Einrichtung einhergehend mit viel verbautem Messing an Geländern und Schließeinrichtungen haben bleibende Eindrücke hinterlassen. Auch die damaligen Erzählungen älterer Mitmenschen über das rege Treiben in diesem Schwimmbad vor dem 2.Weltkrieg hatten immer einen gewissen mystischen Eindruck hinterlassen. Schon Ende der 60iger Jahre waren einige Bereiche im Schwimmbad für die Öffentlichkeit nicht zugelassen. Es betraf besonders die obere Sonnenterrasse mit den aus Hartholz gefertigten Umkleidekabinen. Die meisten Besucher nutzten die Kleine und Große Schwimmhalle für die sportliche Betätigung und in den Dusch- u. Badewannenabteilungen die Möglichkeit der Körperpflege. Viele der Badegäste lebten in den eigenen vier Wänden ohne Bademöglichkeit, oft sogar mit Außentoilette auf halber Treppe.
Schon in der Zeit des ersten Weltkrieges wurden die ersten Pläne für ein Volksbad erarbeitet. Die ersten Fundamente wurden im Jahr 1919 errichtet. Im Zuge der Bezirksreform wurde die Stadt Lichtenberg als Bezirk nach Großberlin eingemeindet und auf Grund knapper Kassen der weitere Bau des Schwimmbades eingestellt.1920 wurde in Lichtenberg das 1. Bezirksamt gegründet. Es bestand aus 12 Amtsmitgliedern. Der damalige 1. Baustadtrat Lichtenbergs hiess Rudolf Gleye, der gleichzeitig auch Architekt war, ihm ist es zu verdanken, dass die vorhandenen Baupläne des Schwimmbades überarbeitet und zur Ausführung gebracht wurden. Unter seiner Leitung wurde ebenfalls das Städtische Flussbad Lichtenberg, die Waldsiedlung Karlshorst und das Lichtenberger Stadion an der Herzbergstraße gebaut. Sowohl das Flussbad Lichtenberg als auch das Lichtenberger Stadion existiert heut nicht mehr. Man findet nur noch einige Reste der Fundamente und Anlagenteile. 1925 wurde das Schwimmbad Lichtenberg weitergebaut. Als Dr. Rudolf Gleye im Juni 1926 plötzlich im Alter von 46 Jahren verstarb übernahm der damalige Magistratsbaurat Otto Weis die weitere Bauleitung. Unter Einbeziehung des Bildhauers Ludwig Isenbeck, entstanden die 4 startenden Schwimmer über dem Eingangsportal des Schwimmbades.
Das Gebäude hat einen sehr, für die damalige Zeit, expressionistischen Charakter. Im Februar 1928 wurde durch den damaligen Berliner Oberbürgermeister Gustav Böß das Schwimmbad eingeweiht. Es galt für die damaligen Verhältnisse als eines der modernsten in Europa. Abgesehen von den beiden Schwimmhallen, eine für Frauen und eine für Männer, gab es Wannen- und Brausebad-Abteilungen, medizinische Bäder, einen Gymnastiksaal, eine Sonnenterrasse, eine russisch-römische Sauna und diverse technische Einbauten, die die schnelle Reinigung des Wassers möglich machten. Bis Anfang der 40iger Jahre wurde das Schwimmbad von der Lichtenberger Bevölkerung rege genutzt. Bei Bombenangriffen im Jahr 1944/45 wurde die große Schwimmhalle stark beschädigt. Die notdürftige Reparatur konnte den Betrieb vergangener Tage nicht wieder herstellen. Aus finanziellen Gründen wurde das Schwimmbad einige Jahre geschlossen. Erst ab 1948, mit der Genehmigung der sowjetischen Behörden wieder Betriebssportgemeinschaften zu gründen, nahm das Schwimmbad Lichtenberg seine Tätigkeit als Trainings-, Wettkampf- und Schwimmunterrichtsstätte auf. Die meisten Schwimmschüler kamen aus den Stadtbezirken Lichtenberg, Köpenick und Friedrichshain. Bis weit in die 80iger Jahre hatte das Schwimmbad Lichtenberg durch diverse Betriebssportgemeinschaften, Sportclubs und dem Schulschwimmunterricht immer volle Schwimmhallen. Erst mit der Errichtung von diversen Schwimmhallen in den neu entstandenen Stadtbezirken und besonders mit der Errichtung des SEZ (Sport und Erholungszentrum) an der Landsberger Allee verlor das Schwimmbad Lichtenberg mehr und mehr seine Badegäste. Die zunehmenden finanziellen Problem Ende der 80 iger Jahre in der ehemaligen DDR führten auch dazu, dass notwendige Reparaturen in solchen Gebäuden nur unzureichend durchgeführt werden konnten. So entschied man sich 1988 die große Schwimmhalle zu schließen weil für eine umfangreiche Sanierung von Baumängeln, die bereits seit der Fertigstellung der Schwimmbecken vorhanden waren, kein Geld zur Verfügung stand. 1991 kam dann auch das aus für die kleine Schwimmhalle und aller weiteren Badeeinrichtungen. Seit dieser Zeit steht das Schwimmbad Lichtenberg, ungenutzt und dem ständig fortschreitenden Verfall preisgegeben, leer.
Hier einige Impressionen über den jetzigen baulichen Zustand des Stadtbades Lichtenberg
Der Haupteingang zum Stadtbad-Lichtenberg. Das Geländer und die Leuchtmasten mit Lampen fehlen.
Außenansicht der Kleinen-Schwimmhalle. Starke Durchfeuchtungen infolge defekter Dachrinnen und Abdichtungen im Balkonbereich
Außenansicht der Großen-Schwimmhalle, Ebenfalls starke Durchfeuchtungen infolge defekter Dachrinnen und Abdichtungen im Balkonbereich.
Hier im Balkonbereich gut zu sehen die Abdichtungsprobleme. Im letzten Winter lag der Schnee hier ein Meter hoch. Defekte Regenablaufrohre sind für die Schäden an der Außenfassade und im Inneren der Schwimmhalle verantwortlich.
Durchfeuchtungen unterhalb des Balkons. Der Frost hat im Winter den Putz regelrecht abgesprengt.
Der Haupteingang von Innen. Die schweren Holzeingangstüren wurden in den 70iger Jahren ausgetauscht.
Der ehemalige Kassenraum der Kleinen-Schwimmhalle
Im Foyer blättert die zu DDR-Zeiten gestrichene Farbe ab und gibt die Originalfarbgebung wieder frei.
Der Übergang zur Kleinen-Schwimmhalle. Ehemals Frauenschwimmbecken.
Im Vorraum die Reste der zu DDR-Zeiten installierten Luftdusche
Innenansicht der kleinen Schwimmhalle. Ein 20 Meter Schwimmbecken mit den links und rechts befindlichen Umkleidekabinen. Im hinteren Bereich die Duschen. Die Trennwände der Duschen wurden erst später eingebaut um jede Halle für Männer und Frauen nutzen zu können.
Hier zu sehen der sogenannte „Stiefelgang“. Über diesen Gang ging man mit Straßenschuhen in die Umkleidekabine und nach dem umziehen in Badekleidung nach vorn zum Schwimmbecken.
Im Deckenbereich sind auch Durchfeuchtungen infolge der defekten Dachrinnen und fehlender Dachziegel zu sehen.
Blick in die Große Schwimmhalle. Ein 25 Meter Schwimmbecken. Links und rechts die Umkleidekabinen, im hinteren Bereich die Duschen, darüber Umkleideschränke und darüber der ehemalige Gymnastikraum.
Umkleideschränke meist von Kindern genutzt.
Blick auf das 3 Meter Sprungbrett, darüber die im 2. Weltkrieg zerstörte Glasfassade, die dann durch eine Glasbausteinfassade ersetzt wurde.
Das Schwimmbecken an der tiefsten Stelle 4,50 Meter
Die oberen Seitenfenster, ursprünglich mit farbigen Glasscheiben ausgestattet.
Die Duschen in der Schwimmhalle weitest gehend im Orginalzustand
Nur die Rohrleitungen für Abwasser und Duschwasser wurden zu DDR-Zeiten erneuert.
Blick in eine Umkleidekabine
Auch hier der Stiefelgang zu den Umkleidekabinen
Die alte Luftdusche der Großen-Schwimmhalle. Dieses Gerät wurde im September 1933 von dem Ingenieur-Büro Josef Lutter aus Berlin angeboten und installiert.
Der Hauptgang der Brausebad-Abteilung im Erdgeschoß
Blick in eine Brausebad-Kabine
Die Überreste der Sonnenbadabteilung mit Blick in eine Umkleidekabine
Dieser Bereich wurde schon in den 60iger gesperrt, weil die Hartholzteile repariert werden mussten und die DDR dafür kein Material besorgen konnte.
Der Eingang zu einem Druckausgleichsbehälter
Der Eingang zum zweiten Ausgleichsbehälter. In diese Behälter wurde das Wasser gepumpt damit die Wasserversorgung mit einem ausreichenden Wasserdruck versorgt werden konnte. Im Prinzip die gleiche Funktion, wie bei Wassertürmen.
Blick an die Deckenkonstruktion des russisch-römischen Saunabereiches
Die Reste des Tauchbeckens der Sauna
Eine von zwei Duschen im Saunabereich
Über diese Tür ging es in die Dampfsauna
Zu DDR-Zeiten wurde dieser Raum einfach mit Holz verkleidet und als Büro genutzt
Hier die verkleidete Decke in der Dampfsauna
In diesen Räumen befand sich die Warmluft- bzw. Heissluftsauna. Diese Räume wurden ebenfalls zu DDR-Zeiten als Büro- oder Verwaltungsräume genutzt.
Blick in den ehemaligen Clubraum der Männerschwimmhalle. Nachdem 2. Weltkrieg wurde der Raum als Gymnastikraum genutzt.
Die Reste der Wannenabteilung
Blick in den Wirtschaftshofbereich der Kleinen-Schwimmhalle. Über der Tordurchfahrt liegen die Beamtenwohnungen der Bademeister
Der Eingang zu den Beamtenwohnungen und zum Wirtschaftshof
Das Treppenaus zu den Beamtenwohnungen.
Blick in eine Wohnung
Blick auf den hinteren Teil des Wirtschaftshofes, im oberen Teil die Fenster der Großen-Schwimmhalle. Auch hier deutlich die Fassadenschäden infolge der defekten Dachrinnen und Fallrohre zu sehen.
Die ersten Sicherungsarbeiten an der Fassade zur Atzpodienstraße werden durchgeführt
Am 11.09.2011 fand die vorerst letzte öffentliche Besichtigung des Schwimmbades statt. Aus Bautechnischen Gründen durfte nur das Erdgeschoss besichtigt werden.
Zur Zeit gibt es Bemühungen eine Verein zum Erhalt des Stadtbad Lichtenbergs zu gründen. Ziel soll es sein den weiteren Verfall aufzuhalten und die Öffentlichkeit über derartige Bauwerke zu informieren. Der eigentlich wichtigste Aspekt, nämlich der architektonische und bautechnische Wert des gesamten Hauses wird in einem nächsten Artikel beschrieben.
Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Einen Erhalt des Hubertusbades durch Sanierung halte ich für sinnvoll, wenn auch die im Umfeld wohnenden Bürgerinnen und Bürger und deren Kinder dort wieder schwimmen gehen können. Wenn sich eine Nutzung nur für die sogenannten gehobenen Ansprüche rechnet, passt es nicht zur Frankfurter Allee Nord, kann es niemals ein Bad für die Bürger der unmittelbaren Umgebung werden und sollte gelassen werden.
Selbst wenn es sich vorerst nur für die Nutzer gehobener Ansprüche rechnen sollte, so verdient dieses Baudenkmal auf jeden Fall eine ERhaltung. Denn es gibt Zeugnis der Badekultur in den Zeiten der Weimarer Republik. Natürlich ist es am besten, wenn wirklich alle Bürger von diesem Bad wieder etwas haben, und dies wird vielleicht eines Tages wieder möglich sein. Wenn unsere Regierung endlich einmal die Verursacher der Krise rankriegen wollte, die Erbschafts- und Vermögenssteuer ebenso und vernünftige Löhne zulassen, die auch wieder Steuern in gerechtem Umfang ermöglichen könnten, dann würden viel mehr Menschen sich etwas Freude in ihrem Leben leisten können.